Merken Sie manchmal, dass Sie sofort nervös und ängstlich werden, wenn Sie Ihren Partner oder Ihre Partnerin gerade nicht erreichen, wenn er oder sie vielleicht im Ausgang ist und nicht in der Nähe? Dass dann regelmässig ein unerträgliches Kopfkino losgeht, Sie von ganz unterschiedlichen (und oft auch irrealen) Ängsten geplagt werden? Oder vielleicht verlieben Sie sich immer wieder in Menschen, die sagen: «Ich weiss nicht, ob ich mich schon binden möchte..., die vergeben sind oder die sich zurückziehen, wenn Sie Ihre Zuneigung zeigen? Wenn ja, dann ist es vielleicht an der Zeit, genauer hinzuschauen, was für ein Beziehungstyp, bzw. was für ein Bindungstyp sie sind.

Partnerschaft, Nähe, Verbindlichkeit: Wir Menschen sehnen uns danach – und trotzdem kann es so schwierig werden. Anstelle von Sicherheit, Geborgenheit und Vertrauen können Ängste, Unwohlsein, das Gefühl von Kontrollverlust in der Partnerschaft vorherrschen. Wenn das der Fall ist, kann es etwas mit Ihrem Bindungstyp zu tun haben. Kennen Sie den Ihren? Hier einige Inputs dazu: Die Beziehung zu den Eltern prägt das Beziehungsverhalten von uns als Erwachsene und somit wurde schon früh festgelegt, welcher Bindungstyp Sie sind. Das besagt die Bindungshtheorie des englischen Kinderpsychiaters John Bowlby. Mitte des 20. Jahrhunderts schloss er aus seinen Beobachtungen, dass Kinder in den ersten Lebensjahren eine Art Strategie für Beziehungen entwickeln. Später hat die Entwicklungspsychologin Mary Ainsworth mit einem Verhaltensexperiment drei Bindungsstile identifiziert, später kam ein vierter dazu. Sie beobachtete, wie Kleinkinder reagieren, wenn ihre Bezugsperson den Raum verlässt und die Kinder mit einem Spielzeug und mit einer fremden Person allein sind. Und wie sie sich verhalten, wenn ihre Bezugsperson zu Ihnen in den Raum zurückkommt.

Ich bin immer wieder fasziniert, wie stark sich die Bindungstheorie in meinen Paarberatungen bestätigt. Die frühe Beziehung zu den engsten Bezugspersonen, also meist Mutter und Vater, entscheidet darüber, welchen Bindungsstil Sie im Erwachsenenalter zeigen.

Welcher Bindungstyp sind Sie?

  1. Sichere Bindung: Die Eltern haben einen sicheren Hafen geboten, im gesunden Entwicklungsverlauf haben Sie gelernt, Vertrauen anderen Menschen gegenüber aufzubauen. Sie haben Vertrauen in sich: «Ich bin gut so wie ich bin». Menschen mit einem sicheren Bindungsstil fühlen sich in Beziehungen wohl, können sowohl Nähe wie auch Distanz zulassen, haben Vertrauen in sich und den Partner/die Partnerin.
  2. Unsicher-ängstliche Bindung: Diesem Bindungstyp fehlt das Vertrauen in die Verfügbarkeit anderer Personen – dies kann der Fall sein, wenn Sie im Elternhaus auf Ablehnung ihrer Wünsche und Bedürfnisse gestossen sind. Menschen mit diesem Bindungsstil neigen dazu, sich an den Partner, die Partnerin zu «klammern», sind ängstlich, wenn der Partner oder die Partnerin sich anderen zuwendet, ihr Selbstwertgefühl ist schlecht, tief im Innersten glauben Sie: «Ich genüge den Ansprüchen meiner Bindungsperson nicht». Ängstlich verbundene Personen beobachten sehr genau, wie sich andere ihnen gegenüber verhalten. Das kann dazu führen, dass sie die unabhängigen Handlungen ihres Gegenübers negativ interpretieren und auf sich beziehen, was das Gefühl von Eifersucht steigert.
  3. Unsicher-vermeidende Bindung: Das Kind lernt mit wenig echter Nähe und Wärme umzugehen, die Eltern haben wenig Zugang zu den Emotionen des Kindes, vermutlich auch zu sich selbst. Das Kind lernt, dass es vor allem mit sich selbst sicher ist. Im Erwachsenenalter werden Intimität und Nähe häufig mit dem Verlust der Unabhängigkeit gleichgesetzt, was als bedrohlich wahrgenommen wird. Personen mit diesem Bindungsstil suchen Distanz, wenn Ihnen die Nähe zu gross wird, weil Autonomie und Selbstbestimmung die wichtigsten Werte sind. Zwar sehnen sie sich nach Nähe, gleichzeitig wird Distanz benötigt, weil eben diese Nähe ungewohnt ist und bedrohlich wirkt.
  4. Desorganisierte Bindung: Die Eltern können dem Kind keine zuverlässige Bindung bieten. Das Kind wird von den Kindern vernachlässigt, zurückgewiesen, ev. misshandelt. Menschen mit diesem Bindungsstil können als Kinder keine einheitliche Bindungsstrategie entwickeln. Die Welt wird als bedrohlicher Ort erlebt. Die Bezugspersonen werden als Teil dieser Bedrohung erlebt. Stabile Bindungen zu führen kann deshalb auch im Erwachsenenalter schwerfallen. Heftige Emotionen (ich liebe dich/ich hasse dich) belasten die Beziehungen. Der Partner, die Partnerin löst dann also sowohl Bindungsverhalten aus, stellt gleichzeitig aber auch eine Bedrohung dar, die es zu vermeiden gilt und wird bekämpft.
    Kennen Sie Ihr Bindungsverhalten? Wenn Sie es kennen, können Sie besser verstehen, welches Ihre Stärken und Schwächen in der Beziehung sind und ihre Beziehung bewusst gestalten.